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„Gründe, warum du dich nicht trennst oder (noch) nicht trennen kannst…“- Die Angst vor einer Trennung und ihren Konsequenzen


Zwei Menschen halten sich verliebt am Wasser nach einer Hochzeit

Das sollte für immer sein.“ Mit dieser Vorstellung gehen die meisten, das gilt zumindest für mich, eine Ehe ein. Und was ich ebenfalls lange Zeit dachte: „Ausreichende Liebe ist das einzig Entscheidende für ein Gelingen oder Scheitern.“ Die wichtigste Basis ist gegeben und alles Weitere wird sich deshalb mehr oder weniger von alleine entwickeln und muss nicht besprochen, geklärt oder gar rechtlich fixiert werden.


Heute, 10 Jahre später, ist meiner Kundin Maria* (Name geändert) klar, was für eine furchtbar romantisierte und auch naive Vorstellung das war.


Gründe, warum du dich nicht trennst und warum es so oft so schwierig ist:


Geprägt von dem tiefen Wunsch nach einer „heilen Familie“, in der man sich gegenseitig mit Respekt und Wertschätzung behandelt und getrieben von dem Ziel, es auf jeden Fall besser und anders machen zu wollen als die eigenen Eltern stellt man nach Jahren fest, dass man doch fast übereinstimmende Beziehungsmuster und -dynamiken lebt, die man eigentlich schon fast zwanghaft angestrengt hatte vermeiden wollen und genau aus diesen Gründen auch in einer Beziehung verharrt, die einem nicht wirklich guttut.


Weil man sich doch mit dem Bekannten und von klein auf Erlernten und Verinnerlichtem am Wohlsten fühlt, auch wenn es einen im fortschreitenden Prozess des Erwachsenwerdens und in der eigenen Weiterentwicklung psychischen und körperlichen Schaden zufügt.


Und nun?


Klar ist aus entwicklungspsychologischer Sicht: Wir fühlen uns – ohne professionelle

Unterstützung und ernsthafte und tiefgehende Auseinandersetzung mit dem Thema –

intuitiv und unbewusst genau zu den Beziehungsmodellen hingezogen, die wir aus unseren

bisherigen und frühzeitigen Erfahrungen kennen - das sind zuallererst in der Regel die mit

der eigenen Herkunftsfamilie.





Viele Menschen, die ich nach ihren persönlichen Gründen für Ehe und Familiengründung

frage, nennen mir Antworten wie „weil es dazugehört“, „weil es für mich das wichtigste

Lebensziel ist“, usw., ohne sich zu fragen:

Von wem kommt dieses Ziel und warum ist es für mich so wichtig?

Bedeutet das im Gegenzug, dass man als Individuum nur vollständig ist,

wenn man dieses traditionelle Modell erreicht hat? Und, was passiert, sollte dieses einzig in

Frage kommende Lebenskonzept scheitern?


Die Antwort dürfte klar sein…


Ich weiß aus meiner langjährigen Erfahrung und aus der Praxis, in welch

ungewollte Verantwortung Kinder dadurch von Anfang an gedrängt werden, nämlich vor allem die, dafür da zu sein, bitteschön bestmöglich unerfüllte Bedürfnisse ihrer Eltern befriedigen zu müssen.


Was sollen Kinder lernen, in einem Familienklima, das geprägt ist z.B. von gegenseitigen

Abwertungen, Schuldzuweisungen, mangelndem Respekt oder Sprachlosigkeit? Sie lernen

vor allem eins: das irgendwann getroffene Entscheidungen und Fehler unumkehrbar sind

und dass man auf alle Fälle in seinen frühest erlernten Mustern verharren muss, sollte man

in der Zukunft auch noch so sehr feststellen, dass sie auf Dauer ungesund für einen sind.


Außerdem, dass man vor allem dafür existiert, bestmöglich die Bedürfnisse der Anderen zu

befriedigen, auch wenn dies sämtliche persönliche Grenzen überschreitet und unter

Umständen bis zur völligen persönlichen Selbstaufgabe geht.


Und trotzdem sagt meine Kundin: "Ich habe all diese Zusammenhänge zur Genüge reflektiert, tausendfach analysiert, sie sind mir mehr als bewusst und trotzdem: Ich lebe weiterhin in einer Ehe mit Kindern, in der ich seit Jahren in der Summe der Dinge in meinen Bedürfnissen wenig gesehen fühle und viel häufiger unglücklich statt glücklich bin."


Ich habe Maria gefragt, warum sie in dieser Beziehung bleibt:


"Warum kann ich mich nicht für oder gegen eine Trennung entscheiden?

Ich stelle mir oft immer wieder dieselben Fragen:

Warum zögere ich eine Entscheidung kontinuierlich hinaus, in der Hoffnung, dass sich doch

noch möglichst ohne viel eigenes Zutun plötzlich alles zum Positiven wendet?

Weil ich so geprägt worden bin, es so gelernt habe und so gewohnt bin."


Viele verschiedene, sich gegenseitig beeinflussende Faktoren kommen hier zusammen und sie sind keine Frage fehlender Intelligenz oder Durchsetzungsstärke. Sie haben häufig gar nicht so sehr mit dem Partner oder der Partnerschaft an sich zu tun, sondern zuallererst mit der eigenen Persönlichkeit und verfolgen in der Regel einen tieferen Sinn, der mit unseren erlernten und bekannten Bindungsmustern zu tun hat.



Mann schaut im Zug aus dem Fenster

Hier eine Sammlung von möglichen Gründen, warum eine endgültige Trennung immer wieder hinausgezögert wird:

1. Du musst dich nicht oder weniger mit dir selbst beschäftigen oder, im Extremfall

befindest du dich in deiner Beziehung in einer emotionalen Abhängigkeit


Solange man eine Beziehung oder Ehe führt, vor allem eine überwiegend unglückliche, kann man sämtliche Probleme auf den Anderen schieben. Dahinter verbirgt sich oft auch die unbewusste Annahme, jemand anders wäre für das eigene Glück verantwortlich. In einer emotionalen Abhängigkeit geht das Ganze noch ein Stück weiter: Man sucht persönliche Definition und Aufwertung durch die Zustimmung und Zuneigung von seinem Partner/seiner Partnerin, egal wie schlecht er oder sie mit einem umgeht und hat ein fast krankhaftes Bedürfnis, die Bindung aufrecht zu erhalten, so ungesund sie auch sein mag. Nach einer Trennung hätte man konsequenterweise plötzlich die alleinige Verantwortung für seine generelle Lebenszufriedenheit und nicht jeder kann diese – vor allem wenn er oder sie sich zuvor jahrelang in einer Abhängigkeitsbeziehung befand – auf entsprechende Weise füllen. Und auch nicht jeder hat aufgrund seiner Erfahrungen den Glaubenssatz verinnerlicht, dass er das Recht dazu hat, in seinem Leben uneingeschränkt glücklich zu sein.


Buchtipp hierzu: „Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest“ von Eva-Maria Zurhorst (Autorin und Beziehungsberaterin)


2. Generelle Schwierigkeiten oder Unfähigkeit, gewichtige Entscheidungen zu treffen


In erster Linie geht es bei einer Trennungsentscheidung um einen selbst. Man traut

sich evtl. nicht, konsequent ehrlich zu sein, man will Offensichtliches nicht wahrhaben und man will vor allem eins nicht: Andere enttäuschen.Weil man bspw. als "People-Pleaser" dazu erzogen worden bist, es allen recht zu machen, nur nicht anzuecken und aus der Reihe zu tanzen und schon gar nicht eine nahestehende Person tief zu verletzen.


Vor allem Menschen mit mangelndem Selbstvertrauen und Neigung zu Ängsten

haben häufig Schwierigkeiten, weitreichende Entscheidungen zu treffen. Und: Entscheidungsangst ist auch oft mit Verlustangst verbunden, was bedeutet, dass wir

dazu tendieren, der Vermeidung eines Verlustes den Vorrang vor dem Glücksspiel in

der Hoffnung zu geben, dass wir doch noch etwas erreichen können. Angst und

Verlust hängen eng zusammen: Das Gehirn reagiert viel empfindlicher auf Verluste,

wenn Ängste vorhanden sind. Und: Trennungsangst ist ein Synonym für Verlustangst

und hängt eng mit persönlichen Schuldgefühlen zusammen. Der Grund sind negative

Beziehungserfahrungen in der Vergangenheit, mit den ersten engen Bezugspersonen,

aber auch mit vorherigen Liebesbeziehungen.


3. Angst vor den mit dem Verlust zusammenhängenden negativen Gefühlen wie

Enttäuschung, Verzweiflung, Wut, Scham, Ekel, …


Viele Menschen in meinem Umfeld haben Schwierigkeiten, ihre eigenen Gefühle

wahrzunehmen, einzuordnen, zu benennen und sich zu regulieren. Vor allem in der

Generation Ü40, so meine Beobachtung. Wir sind dazu erzogen worden, Gefühle

„wegzudrücken“, möglichst wenig in uns hinein zu spüren, was für uns richtig ist und

vor allem dazu, es möglichst wenig nach außen zu zeigen.


Wann hast du zuletzt auf dein Bauchgefühl gehört?

Das Stagnieren in einer gewohnten Lebenssituation kann auch ein eigener

Schutzmechanismus sein. Es gibt uns maximale Sicherheit, täuscht uns u.U. eine

trügerische, aber gewohnte Harmonie vor und bewahrt uns vor negativen Gefühlen,

denen wir aufgrund fehlender Coping-Strategien bei kritischen Lebensereignissen

und mangelndem persönlichem Krisenmanagement möglicherweise gar nicht

gewachsen sind.


4. Angst vor Alleinsein und Einsamkeit


Menschen sind soziale Wesen. Niemand ist gerne allein. Nach der Eltern-Kind-

Bindung ist die Paarbindung die nächstenge Verknüpfung zwischen zwei Menschen.

Eine Trennung bedeutet, dass man sich von einem Menschen verabschiedet, der

sonst immer da war. Möglicherweise auch von Verwandten und gemeinsamen

Sozialkontakten. Das bedeutet wiederum in der Konsequenz, dass man den Fokus

mehr auf sich selbst, seine Gefühle und Bedürfnisse richten muss und gefordert wird,

neue Beziehungen bestenfalls nach neuen Mustern aufzubauen. Aus Abwertungs-

oder Abhängigkeitserfahrungen in Beziehungen resultiert häufig ein sehr negatives

Selbstbild und eine oft unüberwindbare Angst, Unsicherheit und ein generelles

Misstrauen, von anderen Menschen Ablehnung zu erfahren. Dann fällt es besonders

schwer, wieder in Beziehung zu Anderen zu gehen. Kontakte können dann auch als

anstrengend und mühsam empfunden werden, auch wenn man sie als Individuum

benötigt und sie sich wünscht.


5. Unsicherheit über die Zukunft, vor dem Ungewissen und über die organisatorischen Konsequenzen, vor allem, wenn gemeinsame Kinder betroffen sind


Damit sind vor allem alle lebenspraktischen Folgen gemeint, wie die Organisation der

räumlichen Trennung, ein Umzug, finanzielle Fragestellungen, die Suche nach einer

anwaltschaftlichen Vertretung, Berufs- und/oder Schulwechsel, das Finden einer passenden Sorge-/Umgangsregelung bzgl. der Kinder, um nur einige zu nennen.

Eine Trennung ist mit einem großen organisatorischen Aufwand verbunden. Und

auch mit emotionalen und lebenspraktischen Folgen für die Kinder. Eine unglückliche

Beziehung, die nur zuliebe der Kinder aufrechterhalten wird, ist aber auf Dauer – wie

man weiß - schädlicher als eine gütliche Trennung.





So oder so: Das alles kann man bewältigen.

Wenn man sich sicher ist, dass man die Trennung unbedingt will.


Das Wichtigste ist: Sei ehrlich gegenüber dir selbst und komme mit dir ins Gespräch, wenn du eine Entscheidung für oder gegen deine Beziehung treffen möchtest.

Wenn Zweifel oder ungute Gefühle aufkommen, nimm sie ernst und hinterfrage sie.

Lebst du in einem mit deinen Bedürfnissen und Zielen übereinstimmendem Lebenskonzept? Lebst du eine Partnerschaft auf Augenhöhe und mit gegenseitiger Wertschätzung, so wie du sie dir wünscht? Lebst du deinen Kindern das Vorbild vor, das du für richtig hältst?


Das bedeutet nicht, dass du direkt aktiv werden musst. Du musst nicht gleich mit deinem

Partner, deinen Eltern oder Kindern sprechen, wenn du das nicht willst.

Du brauchst dich nicht sofort zu trennen. Aber du musst irgendwann eine ehrliche Entscheidung treffen, vor allem gegenüber dir selbst und um dir selbst und deinen Vorstellungen treu zu bleiben.


Du allein wirst mit dieser Entscheidung und ihren Konsequenzen leben, die du triffst. Und auch, wenn für dich noch nicht der richtige Zeitpunkt gekommen ist, eine bewusste Entscheidung zu treffen, ist das erstmal ein akzeptabler Weg.


Es kann helfen, dir in dem umfassenden Gefühls-Wirrwarr erstmal einen Gesamtüberblick zu verschaffen, indem du dir in Ruhe zuerst allgemeine Fragen stellst und für dich beantwortest, die bei der Entscheidungsfindung wichtig sind:

  • Wie lange existiert die Beziehung schon?

  • Gibt es gemeinsame Kinder?

  • Wie wichtig ist mir die Beziehung?

  • Was verbindet mich mit meinem Partner oder meiner Partnerin?

  • Haben wir einen gemeinsamen Freundeskreis?

  • Wie bin ich finanziell aufgestellt und abgesichert?

  • Welche organisatorischen Folgen hätte eine Trennung /Scheidung für mich?


Im 2. Schritt sammle alle Argumente, die für bzw. gegen eine Trennung sprechen:


  • Welche positiven Aspekte der Beziehung und Ehe sind für dich noch da?

  • Gibt es positive Erinnerungen und was war damals anders?

  • Gibt es Knock-Out-Kriterien? Nicht tolerierbare Grenzüberschreitungen?


Im 3. Schritt sammle mögliche Lösungsideen und –Strategien:


  • Gibt es für dich Alternativen zu einer Trennung?

  • Was müsste dann konkret anders sein und wieviel Zeit gibst du dir dafür?

  • Wann willst du dich das nächste Mal wieder ernsthaft mit der Situation auseinandersetzen und diese Fragen und deine Antworten erneut auf den Prüfstand stellen?

  • Wenn du dich trennst, wie sollte der Prozess ablaufen und welche Schritte sind als nächstes zu unternehmen?

  • Wer kann dich unterstützen und wie?



Du stehst mit deinen Trennungsproblemen nicht alleine da. Wenn du dich mit

Trennungsgedanken trägst, dich deinen Problemen in Beziehungen mit offenen Augen stellen willst oder in einer unglücklichen Beziehung bist und der Frage auf den Grund gehen möchtest, warum du dich nicht lösen kannst oder unter den Folgen einer bereits vollzogenen Trennung leidest, solltest du dir Unterstützung suchen.



Melde dich bei mir und vereinbare ein Erstgespräch.







Das bin ich, lächelnd angelehnt an der Mauer

Ich bin Christine und helfe dir gesunde und gelingende Beziehungen zu führen.



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Liebe Grüße aus München


Christine Steinleitner



 
 
 

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